Die Bahnfee IV oder Die Klimakatastrophe

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Ich bin kein Freund von Verschwörungstheorien. Also so gar nicht. Weder die Kreise im Korn noch die Illuminaten lassen mich an irgendwelche höheren Mächte glauben.

Doch es gibt etwas, das ich Ihnen mitteilen muss: Die Bahnfee ist mit unserer Bundesregierung im Bunde. Sie werden – wie jeder normale Mensch – einen Beweis einfordern. Geben Sie mir bitte diesen Blog Eintrag Zeit dazu.

Es ist wieder einmal Sonntag und kurz nach 21:00 Uhr zog es mich in Richtung Gleis 3, auf dem gewöhnlicherweise die allwöchentliche Odyssee gen Düsseldorf ihren Anfang nimmt. Gelassen liess ich die Schreiattacken der KSC-Fans über mich ergehen, die mir ohne Umschweife suggerierten, das Karlsruhe – vielmehr sein Fußballclub – der Nabel der Welt sei, während ich auf meine Kollegin wartend, erwartungsvoll am Bahnsteigrand stand.

Ich musste leise lächeln, denn diesmal hatte ich eine der begehrten Reservierungen im Wagen 37 ergattert. Sie erinnern sich? Wagen 37 fällt für gewöhnlich völlig aus dem Fokus der Bahnfee, die ja meistens für den Wagen 38 zuständig ist und nur in besonderen Ausnahmefällen (siehe: Bahnfee ) auf andere Wagen wechselt.

Erneut begann ich auf diesen wirklich uralten Trick der Bahnfee reinzufallen. Ich wollte gerade beginnen, mich zu freuen. … über den nicht wirklich viel verspätet einfahrenden Zug und einen funktionierenden Sitz in einem relativ sauberen Abteil…

… und glauben Sie mir, ich habe im Laufe der letzen Wochen Abteile und Wagen gesehen, die um einiges schlimmer aussahen. Just in diesem Augenblick, in dem ich entspannt im wohlig warmen Sessel versinken wollte um mich knapp 3 Stunden bei einer wohlig warmen Tasse Kaffee zu entspannen, um meine wohlig warmen Gedanken aus dem wohlig warmen Abteil heraus mit Flügeln zu versehen, da traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Oh wie dumm von mir. Wie konnte ich vergessen, das ein so metaphysisches Wesen, wie die Fee bestimmt auch omnipräsente Eigenschaften in sich vereint.

Wie vom Bahnpersonal an jedem Bahnhof angekündigt, ist es nicht möglich, während der Fahrt zwischen den beiden Zugteilen zu wechseln. Dieses für den gemeinen Fahrgast zutreffende physikalische Gesetz wird von der Bahnfee mit Sicherheit ausser Kraft gesetzt. Ihre Anwesenheit zeigte sie durch ein Ansteigen der Temperaturen an. Plötzlich wurde aus dem „wohlig warmen“ Wagen zuerst eine Bio-Sauna, die sich im Laufe der Fahrt zur Heissluft- Saune im 100°C Bereich bewegte. Wobei ich hier sicherlich eine gewisse Überempfindlichkeit an den Tag legte. Wahrscheinlich waren es lediglich 40°C. Lassen Sie uns diese gefühlte Temperatur als Bahnfee-Chill-Effekt bezeichnen.

Hatte ich gerade eben am Bahnsteig noch überlegt, warum ich wieder einmal ohne mein schützendes Jöppchen unterwegs sein konnte, begannen meine Transpirationsschwierig-keiten quasi mit dem Einstieg in die Bahn. Nun, was soll ich sagen, sofort schossen mir alle validen Fluchtwege durchs Hirn. Zuerst probierte ich Wagen 28, kein Erfolg. Dort war die Klimaanlage auch ausgefallen. Gleiches vermeldeten die Wagen 26 und 25. Höhepunkt dieser Aktion war das beruhigende Lächeln des schweißgebadeten Zugbegleiters, der den Fahrgästen statt eines kühlen Wassers die letzten Meldungen des „Handelsblatt“ anbot.

Vielleicht unterlag er der absurden Annahme, dass das Temperaturempfinden der Passagiere sich direkt proportional zum aktuellen Dow-Jones Index verhält. Ich brauchte sofort Informationen, wann ich dieser Hölle entfliehen könne. Zurück auf meinem Platz suchte ich verzweifelt nach dem „Faltblatt Ihr Fahrplaner“, das ausgerechnet an meinem Platz in 3 verschiedenen Versionen Vorlag. Wahrscheinlich soll sich der geneigte Fahrgast selbst heraussuchen, in welchem Zug auf welcher Strecke er sich gerade befindet.

Hier würde ich gerne mit einem Verbesserungsvorschlag aufwarten. Bitte liebe Bahnfee, leg doch eines Deiner Kursbücher an jedem Platz aus. Dann sind die Zugbegleiter auch nicht mehr so überfordert, mit dem Heraussuchen der nächsten Verbindung bei Verspätungen. Als ich also nach dem Zeitpunkt des nächsten Halts suchte, fiel mir eine Werbung der Bundesregierung auf, die mir mitteilte, das meine 40°C Wäsche wohl zur Klimakatastrophe führen wird. Daneben waren auch mein Auto, meine Gastherme und mein Computer aufgeführt. Diesem Dilemma könne nur entgehen, wer regelmäßig Bahnfahren würde. Eine zweite Welle des Begreifens begrub mich unter sich und ich purzelte mental einmal mehr durch den Strudel, den sie im Vorbeirauschen in meinem Hirn hinterließ.

Liebe Bahnfee, ich habe verstanden. Du kannst die Klimaanlage wieder einschalten. Mir ist bewusst, das es bald überall zu warm sein wird und das ich persönlich daran Anteil habe. Ich habe es begriffen und auch verinnerlicht. Ich will auch nie wieder Auto fahren. Aber bitte, bitte, bitte schalte die verdammte Klimaanlage in diesem verdammten Abteil im verdammten Wagen dieses verdammten Zuges wieder ein.