Die Hütte brennt - oder Heidelberger Schlossbeleuchtung

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Alljährlich findet drei mal zur Sommerzeit in Heidelberg ein ganz besonderes Ereignis statt. Die Heidelberger „verbrennen“ ihr Schloss. Vielmehr das, was davon noch übrig ist. Unsere Tochter korrigierte meinen Vorschlag zur „Schlossbeleuchtung“ zu fahren mit den Worten: „Aber Papi, das ist doch keine Schloßbeleuchtung. Das kann doch höchstens eine Ruinenbeleuchtung sein.“ Nun, liebe Heidelberger, wir nahmen uns vor, Euch zu Zeiten Eueres Ruinenspektakels auch in diesem Jahr wieder zu beehren.

In Heidelberg angekommen, suchten wir als erstes einen trockenen Unterstand für unsere 117!! Rösser. Fündig wurden wir, wie schon vorher vermutet, in einer der Stallungen um die Fußgängerzone. Natürlich ist es nicht billig, ein 4 Stockwerke tiefes Loch zu graben und mit dem notwenigen Komfort für fossile Brennstoffantriebler auszustatten. Wir entkamen also unterschlupf-geregelt dem übel riechenden Schlund, der in die Tiefe führte, um uns am Flair der Innenstadt zu berauschen.

Es war kurz vor acht Uhr abends, als die letzten Händler Ihre Pforten für die Nacht verschlossen und uns ein kleines Wirtshaus auffiel, aus dem frohe Musikanten fremdländischen Gästen ihre Weisen zum Besten gaben.

Nachdem wir uns an köstlichen Salaten und süßen Speisen, die des Hauses Spezialität waren, gelabt hatten, lustwandelten wir langsam und beschaulich dahin sinnierend dem Philosophenweg entgegen, der – immerfort bergauf gerichtet im Verlauf – dem geneigten Betrachter den besten Blick auf das Spektakel vergönnt.

Vor uns hatten nur Wenige den Mut, die steilen Treppen zu erklimmen, sodass wir jeder Vermutung zum Trotz ein lauschiges Plätzchen mit guter Aussicht ergattern konnten. Es bliebt uns noch eine Stunde, die es zu überbrücken galt. Doch Heidelbergs Panorama ist so vielfältig, das selbst unser Kind nicht überdrüssig wurde, zu bemerken, wie schön die fabelhafte Aussicht ist.

Nach dem die Dämmerung eingesetzt und die Schiffe sich auf dem Nackar positioniert hatten, begann die zweite Schlossbeleuchtung in diesem Jahr mit einem Böllerschuss, der wohl den Grund für den Brand simulieren sollte. Für die Leute an unserem Standplatz jedoch bedeutete er auch endlich still zu sein und die Aufmerksamkeit auf das Schloss zu richten.

Dort begannen Rote Scheinwerfer Flammen an die Schlossmauern zu werfen, die tatsächlich einem entfernt stehenden Kurzsichtigen einen echten Brand vortäuschen können. Während die Flammen sich immer höher und höher an der Bausubstanz in die dunkle Nacht fraßen, genossen wir die anheimelnde Atmosphere, die von den Flammen ausging. Man konnte die Hitze förmlich auf der eigenen Haut spüren, so deutlich traten die Bilder des Brandes vor unsere Augen.

Haben Sie schon mal am Lagerfeuer gesessen, in die Flammen gestarrt und dabei das Gefühl gehabt, das einem das Gesicht brennt? So ähnlich fühlten wir uns, nur das wir kein echtes Feuer hatten. Als an der „Ruine“ dann das letzte Auflodern und ein abschließendes Glühen zu sehen war, brauchten wir etwas, das uns wieder in die Wirklichkeit zurückholte.

Wahrscheinlich wissen das die Heidelberger Feuerwerker und ließen erneut einen Donnerschlag auf die Felswände des Neckartals los, von denen er als mehrfaches Echo laut krachend zurückgeworfen wurde. Das sich anschließende Feuerwerk war unbeschreiblich faszinierend. Ich war erstaunt, mit welcher Leichtigkeit und Farbenvielfalt die Pyrotechniker sich in die Herzen der Zuschauer böllerten. Den Höhepunkt bildete sicherlich der Feuerregen von den Pylonen der „Alten Brücke“, der wohl mehr aus Tradition gezeigt wurde, sich aber wunderbar in die Farbenpracht integrierte.

Nach zwanzig Minuten was das Spektakel nach einem letzten krachenden Schuss zu Ende. Es brauchte einige Minuten bis sich unsere Benommenheit legte und wir in der Lage waren zu sprechen. Das verträumte, zufriedene und müde „War das schön!“ unserer Tochter brachte wohl auf den Punkt, was wir fühlten.

Das Erlebnis dieses Feuerwerks mit Worten zu beschreiben, käme einer Beschreibung aller Geschmacksrichtungen der indischen Küche gleich: Man kann es nicht nachempfinden, ohne selbst gekostet zu haben.

Unser Tip daher: Kosten sie doch auch mal eine Prise „Ruinenbeleuchtung“ in Heidelberg. Sie wird Ihnen gut tun!