Die Bahnfee oder eine vage Vermutung
Sind Sie in letzter Zeit wiedermal mit der Bahn gefahren? Im Rahmen der allgemeinen Sparwut in puncto Benzin und Diesel dachte ich mir gerade für meinen neuen Job genau das Richtige. Also schnell eine Bahncard First angeschafft – natürlich online – und fleißig Bahntickets gekauft. Karlsruhe - Düsseldorf in knapp unter drei Stunden ist sonst nur mit dem eigenen Jet zu toppen. Leider ist das aber an der knallharten Realität vorbei gedacht. In einer Zeit, in der „alles fließt“, denkt sich sicherlich auch die Bahn, sie müsse den Fahrgästen zeigen, wie abwechslungsreich eine solche Bahnfahrt sein kann.
Mir kommt es so vor, als ob wöchentlich eine „Bahnfee“ feststellt, welchen Wagen denn der Herr Zimmer benutzt und an diesem Manipulationen vornimmt.
Eine Woche fällt die Klimaanlage im Nachbarwagen aus und seltsamerweise werden alle Fahrgäste des einen auf die gleichen Plätze des Nachbarwagens verwiesen. So kommt es dann, dass man im Ruheabteil zwischen einer Horde babbelnder Rentner sitzt. Verstehen Sie mich nicht falsch, nichts gegen Rentner im Allgemeinen, aber die 5 hatten ein echt gesteigerten Mitteilungsbedarf.
In der darauf folgenden Woche ließ die Fee den Wagen mit dem reservierten Platz am anderen Ende des Zuges auftauchen. Echt spassig, zuzusehen, wie zwei- bis dreihundert Menschen auf einmal versuchen, sich auf dem Bahnhof neu aufzustellen. Währenddessen hupen die ICE Türen laut, um ihre baldige Schließung anzukündigen und der Zugschaffner ruft einem ermutigend zu: „Wagen 38? Da müssen Sie noch 5 Wagen nach vorne. Aber beeilen Sie sich!“
Liebe Fee, vielen Dank auch dafür, dass in der letzten Woche dann die Klimaanlage im Wagen mit MEINEM reservierten Platz ausfiel. Nach 2 Stunden kam der Zugbegleiter dann auch auf die glorreiche Idee jedem Fahrgast ein kühles Wasser zu reichen. Schade nur, das die Hälfte der Fahrgäste schon komatös unter den Sitzen lag.
Der nächste Schritt der Fee war auf Abschreckung ausgelegt. Statt der bekannt sauberen ruhigen Wagen der ersten Klasse hielt sie für mich ganz besondere Überraschungen bereit. Im ersten Zug hatte wohl einer der Passagiere einen besonderen Fetisch zu Zeitungen. Scheinbar musste er auf der gesamten Reise von München nach Karlsruhe eine nicht mehr zu identifizierende Zeitung in ihre kleinsten Bestandteile zerlegen.
Ist Ihnen aufgefallen, dass es IN den Wagen keine Mülleimer mehr gibt? Oh, entschuldige liebe Fee, sie sind schon noch da, aber in Ihrer Größe lediglich als Zwischenlager für Gegenstände von annähernd atomarer Größe geeignet. Das Essen eines Apfels - zum Beispiel - bereitet echte Probleme, aber erst bei der Entsorgung der ungenießbaren Teile. Was mich wieder zu meiner Theorie über – nicht ausschließlich- holländische Pensionäre bringt: Die kennen die Bahnfee auch und haben den Apfel daher schon geschält und zerkleinert in Form von winzigen lutschbaren Stücken dabei und benötigen das Entsorgungsfach nicht.
Versuchen Sie es mal selbst. Ich bin mir sicher auch Sie haben Schwierigkeiten, die Stelle zu finden, an der die Bahnfee den Mülleimer versteckte. Und wenn Sie ihn finden, versuchen Sie mal etwas hinein zu packen, ohne sich den Kopf zu stoßen oder einzuklemmen.
In dieser Woche hatte sich die Bahnfee etwas besonders Fieses für mich ausgedacht. Sie ließ mich im festen Glauben, dass diesmal scheinbar Alles gut werden würde. Der Zug kam rechtzeitig und der Wagen war an der richtigen Stelle. Auch mein Platz war reserviert. Scheinbar funktionierte auch die Klimaanlage in diesem wie auch in allen umliegenden Wagen. Als ich mich gerade aufatmend in meinen weichen Ledersitz erster Klasse setzen wollte, fiel es mir auf: Der Sitz konnte nicht arretiert werden.
Nun gut, mir saß niemand gegenüber, sodass mein automatischer Liegesessel mich momentan nicht besonders störte. Das änderte sich aber recht schnell, als der Platz mir gegenüber belegt war und der Zugführer ein- oder zweiundzwanzig spontane Bremsmanöver durchführte, die mich ständig aus meiner – mühsam, nur durch Gegendrücken zu haltenden Sitzposition – schlagartig zum Liegen beförderten. Äußerst unangenehm war dabei natürlich, das meine Knie ständigen Kontakt zu denen der dicklichen Dame mir gegenüber hatte.
Danke liebe Bahnfee, Ich bin gespannt, was Du heute Abend für mich vorbereitet hast.